Die AZ berichtete…
Wir bedanken uns bei AZ-Reporter Bardo Rudolf nicht nur für den Artikel in der Allgemeinen Zeitung (01.02.2016), sondern auch für dessen erweiterte Version, die er uns hat zukommen lassen. Vielen lieben Dank! Wir hoffen, ihr habt so viel Spaß beim Lesen wie wir:
Schon der Anfang ist beeindruckend. Wenn die von Renate Lang geleitete Schola St. Gereon mit 30 Kindern und Jugendlichen auf der Kettelersaal-Bühne steht und dem Publikum mit selbstgedichteten Stimmungsliedern einheizt, springt der Funke schnell in den Saal über. Rund fünf Stunden später geht ein Abend zu Ende, an dem insgesamt über 80 Nachwuchs-Narren ein komplett selbstgeschriebenes Programm von hoher Qualität gezeigt haben. Die Fassenachtssitzung der Katholischen Jugend Nackenheim (KJN) ist einmal mehr ein großer Erfolg.
Frech, mutig, aber nie verletzend traten die Narren auf. Langweilige Nummern gab es nicht. Dafür aber viele herausragende. So persiflierten Timo Menk, Tim Florenkowski, Justus Ehmann, Gwendolin Bertram und Raquel Hanappel das typische Weinfest-Geschehen. Perfekt gespielt und in breitestem „Naggenummerisch“ dargebracht, schimpften sie über schlechten Wein, den „Toiletten-Jauch“, der den Zutritt zu den Klohäuschen erst nach Beantworten einer Quizfrage gestattete und erzählten über die Person, die in der Unterführung „Am Bellenäcker“ ertrunken sei. Dort läuft bekanntlich seit vielen Jahren Grundwasser auf die Straße.
Es blieb nicht das einzige ortspolitische Thema, mit dem Bürgermeisterin Margit Grub an diesem Abend konfrontiert wurde. In seinem mit Henri Bick verfassten Protokoll griff Jonas Becker unter anderem die zunehmende Zerstörungswut im Ort auf. „Uff em Bahnsteig zu wüte und drumherum auch / des is hier in Naggem schunn lang guter Brauch. / Wenn de Bahnhof mal heil is, ohne Verdruss / donn wüsst ich ja net, dass ich aussteigen muss“, reimte er ironisch. Auch das Thema Flüchtlinge griff Jonas Becker auf und kritisierte deren Gegner: „Die sehe unser Kultur stark bedroht / doch wenn mer die Leud dann selber mol froot / wie sie sich im Ort hier betätige wolle / donn wisse se nemmer, was se saache solle.“
Die KJN wiederum hat zu vielen Flüchtlingen im Ort unter anderem durch gemeinsame Fußballspiele ein enges Verhältnis. Einer von ihnen ist Majid Taheri, der am Samstag sein Debüt auf der Fastnachtsbühne gab. „Herr Kapellmeister, schmeiß de Rieme uff die Orgel“, sagte der Gesangsprofi wie einst Ernst Neger und schmetterte dann eine rheinhessische Version des „Nessun Dorma“ so eindrucksvoll durch den Saal, dass sich die Zuschauer anschließend zu Standing Ovations erhoben.
Was an diesem Abend übrigens häufig geschah. Zu gut waren die Nummern, angefangen vom Eröffnungsstück, bei dem Hannah Lorch, Jana Best, Luca Kröhl, Lena Florenkowski, Benjamin Deick, Lea Martin-Alfonso und Alina Mack einen Blick hinter die Kulissen der Fernsehsitzung unternahmen und Andreas Schmitt, Hans-Peter Betz oder Hildegard Bachmann beim nervösen Warten auf den Beginn parodierten. „Die Mainzer Fassenacht muss kritisch bleiben auch gegenüber der Mainzer Fassenacht“, sagte dazu Jonas Becker, der als begnadeter Sitzungspräsident durch den Abend führte.
Doch die KJN nahm sich auch selbst aufs Korn. Als Niklas Stelzer, Jana Gerigk, Maximilian Reiter, Sarina Paulus, Lukas Mann und Helena Feist vom freiwilligen Umzug eines Rheinhessen nach Wiesbaden berichteten, beschwerte sich die genervte Rheinhessin: „Es gibt dort sogar Leute, die feiern nur deshalb, weil es mitten im Dorf einen Berg gibt.“ Gemeint war das Koppelfest, das die KJN 2015 eingeführt hatte.
Jasmin Lorch berichtete von ihren Erfahrungen als Studentin. „Im Rheingau habe ich den schönsten Blick auf Rheinhessen“, erklärte sie. Und ihren Studienort „Geisenum“ kennt sie ja bestens aus dem „Pilscherlied“, das sie auch direkt anstimmte. Ebenfalls in einem Einzelvortrag warf Allegra Reifenberger einen Blick in eine Zeitungsredaktion – und versuchte, Monate später noch einen Bericht über die KJN-Sitzung zu verfassen. Was sich natürlich als schwierig – und für die Zuschauer als amüsant – herausstellte.
Ihre große Erfahrung als Sternsinger nutzten Florian Deick, Nik Heckelsmüller, Julius Dittrich, Clara Walczuch, Kathrin Kröhl, Anna Riechenberg, Mariam Akrim und Annelen Schön für ihren Auftritt auf. Sie fanden auch die Antworten auf die beliebtesten Ausreden, mit denen sich Menschen um eine Spende drücken wollen. „Ich stehe unter der Dusche“, konterten sie mit: „Wir warten.“ Auf „Ich bin nicht da“, antworteten sie logisch mit: „Wir können Sie doch hören.“ Und: „Ich habe jetzt gar kein Bargeld da“, funktionierte auch nicht. „Kein Problem, ab diesem Jahr ist auch Kartenzahlung möglich“, antworteten die pfiffigen Sternsinger.
Um eine Karte ging es auch bei Dominik Bastian, Henri Bick, Konstantin Bob, Jonas Becker und Aaron Lang in der „Praxis Dr. Flotte“. Als ein Patient die Praxis betrat, sagte die Sprechstunden-Hilfe: „Dann bräucht ich noch Ihr Kärtche. Sammele Sie auch Punkte?“ Es folgten klassische Wartezimmer-Gespräche, die das Publikum immer wieder schallend lachen ließen und für Begeisterung sorgten.
Für Bewegung im Saal sorgten die Stimmungslieder-Sänger Johannes Ark, Franziska Bastian, Lars Lilienthal-Seeger, Hannah Schroff, Luise Walczuch und Ronja Winkel. Tänzerisch stark waren sowohl das „Kinder“-Ballett mit Lea Schwibinger, Sarah Schwibinger, Clara Walczuch, Marleen Hentges, Kathrin Kröhl, Julia Heckelsmüller, Mia Schönborn und Anna Riechenberg als auch das KJN-Damen-Ballett mit Elena Fuscá, Tiziana Fuscá, Hannah Altherr, Nina Fery, Luisa Fery, Anna Heckelsmüller und Helena Feist.
Zu den musikalischen Höhepunkten trug auch Aaron Best mit dem Lied vom „Meenzer Brötchen-Mann“ bei, das den zweiten Teil des „Trottoir-Theaters“ abschloss. Frau Lang-Sans, Frau Sans-Lang und die Akteure Lisa Metten, Jan Florenkowski, Hannah Altherr, Pascal Mauer und Frédéric Bertram boten dabei herrlichsten Kokolores. Wie auch zuvor in der „Gruppe St. Aalfred“, in der Aaron Best, Jan Florenkowski, Frédéric Bertram und Alexander Deick der Pfarrei St. Gereon ein besonders wichtiges Dokument sicherten.
Spektakulär geriet der Auftritt der „Steifen Riege“. Michel Atherr, Frédéric Bertram, Alexander Deick, Niklas Lorch, Paul Dittrich und Christian Ottstadt verbanden spektakuläre Akrobatik mit herrlichem Humor und rockten so die Bühne zu später Stunde, ehe die „Herpes House Band“ mit Aaron Lang, der auch die gesamte Sitzung als Pianist begleitete, Henri Bick, Jonas Becker und Dominik Bastian den gewohnt krönenden Abschluss auf die Bühne brachte.
So wurde also viel gelacht, gefeiert und das Motto des Abends gelebt: „Immer widder, was e Pracht, kommt nach Neujahr Fassenacht.“ Die KJN-Sitzung war auch im 68. Jahr ein echter Kracher. Und die fünf Stunden vergingen wie im Flug.
Und hier noch der Link zum originären Artikel:
http://www.allgemeine-zeitung.de/lokales/mainz/vg-bodenheim/nackenheim/frech-mutig-aber-nie-verletzend_16601104.htm